Der moderne Holzbau hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Was früher auf der Baustelle geschah, entsteht heute in der Werkstatt – präzise, digital und vorgefertigt. Diese industrielle Fertigung eröffnet neue Chancen für Qualität und Effizienz, stellt jedoch die klassische Bauplanung vor grundlegende Herausforderungen.
Wer in Holz plant, kann nicht mehr im gewohnten Rhythmus von sequenzieller Planung, getrennter Zuständigkeit und baubegleitender Abstimmung arbeiten. Holzbau verlangt integriertes Denken, interdisziplinäre Zusammenarbeit und frühzeitige Entscheidungen. Nur so lassen sich die Potenziale des Werkstoffs – Geschwindigkeit, Präzision, Nachhaltigkeit – wirklich nutzen.
Die traditionelle Bauorganisation stammt aus dem Massivbau – mit klaren Zuständigkeiten, nacheinander ablaufenden Leistungsphasen und örtlicher Fertigung. Dieses Modell funktioniert im vorgefertigten Holzbau nicht mehr. Warum? Weil Entscheidungen im Holzbau viel früher getroffen werden müssen. Bauteile, Anschlüsse und technische Installationen entstehen bereits im Werk. Änderungen in späten Planungsphasen sind teuer oder gar nicht mehr möglich.
Daher braucht der Holzbau systematische Prozesse, die von Beginn an aufeinander abgestimmt sind:
So wird Planung zur Grundlage für Qualität, Termintreue und Kostensicherheit – anstatt zum Risiko.
Der hohe Vorfertigungsgrad ist das Herzstück des modernen Holzbaus. Doch Effizienz, Wiederholbarkeit und Präzision in der Produktion erfordern, dass die Planung technisch und organisatorisch mithält.
Das bedeutet:
Die Schacht- und Leitungsplanung, im Massivbau oft nebensächlich, wird im Holzbau zu einem zentralen Koordinationsthema. Jede Öffnung, jede Fuge und jede Verschraubung muss frühzeitig mitgedacht werden.
Das Motto lautet: „Erst denken, dann bauen – und zwar gemeinsam.“

Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Einbindung von Holzbauwissen in der frühen Entwurfsphase. Holzbaukompetenz bedeutet, die material- und fertigungsspezifischen Anforderungen zu verstehen – von Fügung und Schichtaufbau bis hin zu Transport und Montage.
Das kann durch verschiedene Wege erfolgen:
So werden Fehlschleifen und Umplanungen vermieden – und die Effizienz des Bauprozesses bleibt erhalten. Projekte, bei denen Holzbaukompetenz früh eingebunden wird, zeigen: Je integraler der Ansatz, desto höher die Qualität und Terminsicherheit.
Im Holzbau verschiebt sich die Planung zeitlich nach vorn. Was im Massivbau erst in der Ausführungsplanung passiert, muss im Holzbau bereits in der Vorplanung geklärt sein.
Wichtige Entscheidungen fallen:
In der Entwurfsphase werden Fügungsprinzipien, Schichtaufbau, Oberflächen und Schnittstellen festgelegt. Die Ausführungsplanung dient dann vor allem der Werkstattreife – oft in enger Abstimmung mit dem ausführenden Holzbaubetrieb. Projekte wie das Forschungsprogramm leanWOOD zeigen, dass sich die HOAI-Leistungsphasen flexibel anpassen lassen, um den besonderen Anforderungen des Holzbaus gerecht zu werden.
Der moderne Holzbau ist kein Handwerk im klassischen Sinne, sondern ein industriell gefertigtes, hochpräzises Bausystem. Damit dieses System funktioniert, muss auch die Planung systematisch werden – integral, kooperativ und vorausschauend. Wer frühzeitig Holzbaukompetenz ins Team holt, klare Schnittstellen definiert und die Prozesse auf Vorfertigung ausrichtet, schafft die Grundlage für nachhaltige, wirtschaftliche und technisch überzeugende Holzbauprojekte. Die Zukunft des Bauens liegt nicht nur im Material Holz, sondern im systemischen Denken, das Architektur, Technik und Fertigung zu einer Einheit verschmilzt.
Die aufgezeigten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis sind von Dr. Sandra Schuster vielseitig in ihren Forschungsprojekten mit anderen Experten wiedergegeben: